Xie Lei | Nachleben

21 Juni - 29 Juli 2023
Übersicht

Die Ausstellung mit dem Titel „NACHLEBEN“ kann zweifellos als Manifestation der künstlerischen Entwicklung und vielseitigen intellektuellen Neugier von Xie Lei betrachtet werden. Der Künstler nimmt hier Bezug auf das von Aby Warburg in seinem umfassenden Werk eingeführte Konzept der Umdeutung. Warburgs „Nachleben“ zeugt vom verborgenen Eigenleben der visuellen Wahrnehmung in der Kunst; Bilder überschreiten ihren ursprünglichen Kontext, entwickeln sich durch Zeiten, Kulturen und künstlerische Interpretationen weiter. Xie bewegt sich, wie wir es in Wien in der Galerie Kandlhofer erleben können, auf seine ganz eigene Weise entlang der Grenzen dieser Idee und erfüllt so seine Werke mit Leben.

 

Warburg entwickelte das Konzept des „Nachlebens“, um zu untersuchen, wie Bilder, Motive und Themen aus der Vergangenheit in der Gegenwart weiterwirken und die künstlerische Produktion beeinflussen. Xie Lei dient dieses Konzept des „Nachlebens“ bei seiner Auseinandersetzung mit dem Zusammenspiel von Literatur, ost- und westeuropäischer Kunsttradition und anderen künstlerischen Praktiken als eine Art entferntes Spiegelbild: Indem er sich mit dem Nachleben kultureller Elemente wie Symbole, Erzählungen und ästhetischen Prinzipien beschäftigt, untersucht er, wie vergangene künstlerische Formen und literarische Quellen in der zeitgenössischen Kunst neu interpretiert, transformiert oder wiederbelebt werden. Dies inspiriert ihn zu neuen Werken, die eine Synthese aus traditionellen und zeitgenössischen Einflüssen darstellen. Darüber hinaus ist das Konzept des „Nachlebens" für Xie ein wichtiges Instrument, um den breiteren kulturellen und intellektuellen Kontext, in dem er arbeitet, zu erfassen und ein tieferes und vielschichtiges Verständnis zu entwickeln, insbesondere innerhalb des Bereichs der bildenden Kunst. 

 

Für die seine Werke in der Ausstellung „Nachleben“ ließ sich Xie Lei von verschiedenen Quellen inspirieren, darunter alte chinesische Erzählungen und ikonische europäische Gemälde, die er mit seinen eigenen persönlichen Erfahrungen und Überlegungen verband. Dabei wirft er Fragen nach der Bewahrung des kulturellen Erbes angesichts von Globalisierung, dem Spannungsfeld zwischen Tradition und Modernisierung sowie den Möglichkeiten kulturellen Austauschs und gegenseitiger Beeinflussung auf. Durch die Verschmelzung kultureller Themen mit westlichen, kunsthistorischen Referenzen lädt Xie den Betrachter ein, über die komplexe Dynamik zwischen den Kulturen und die sich ständig verändernde Natur der zeitgenössischen Kunst nachzudenken, die sich zuweilen in unerwartete Richtungen entwickelt.

Werke
Pressemitteilung

Die Ausstellung mit dem Titel „NACHLEBEN“ kann zweifellos als Manifestation der künstlerischen Entwicklung und vielseitigen intellektuellen Neugier von Xie Lei betrachtet werden. Der Künstler nimmt hier Bezug auf das von Aby Warburg in seinem umfassenden Werk eingeführte Konzept der Umdeutung. Warburgs „Nachleben“ zeugt vom verborgenen Eigenleben der visuellen Wahrnehmung in der Kunst; Bilder überschreiten ihren ursprünglichen Kontext, entwickeln sich durch Zeiten, Kulturen und künstlerische Interpretationen weiter. Xie bewegt sich, wie wir es in Wien in der Galerie Kandlhofer erleben können, auf seine ganz eigene Weise entlang der Grenzen dieser Idee und erfüllt so seine Werke mit Leben.

 

Warburg entwickelte das Konzept des „Nachlebens“, um zu untersuchen, wie Bilder, Motive und Themen aus der Vergangenheit in der Gegenwart weiterwirken und die künstlerische Produktion beeinflussen. Xie Lei dient dieses Konzept des „Nachlebens“ bei seiner Auseinandersetzung mit dem Zusammenspiel von Literatur, ost- und westeuropäischer Kunsttradition und anderen künstlerischen Praktiken als eine Art entferntes Spiegelbild: Indem er sich mit dem Nachleben kultureller Elemente wie Symbole, Erzählungen und ästhetischen Prinzipien beschäftigt, untersucht er, wie vergangene künstlerische Formen und literarische Quellen in der zeitgenössischen Kunst neu interpretiert, transformiert oder wiederbelebt werden. Dies inspiriert ihn zu neuen Werken, die eine Synthese aus traditionellen und zeitgenössischen Einflüssen darstellen. Darüber hinaus ist das Konzept des „Nachlebens" für Xie ein wichtiges Instrument, um den breiteren kulturellen und intellektuellen Kontext, in dem er arbeitet, zu erfassen und ein tieferes und vielschichtiges Verständnis zu entwickeln, insbesondere innerhalb des Bereichs der bildenden Kunst. 

 

Für seine Werke in der Ausstellung „Nachleben“ ließ sich Xie Lei von verschiedenen Quellen inspirieren, darunter alte chinesische Erzählungen und ikonische europäische Gemälde, die er mit seinen eigenen persönlichen Erfahrungen und Überlegungen verband. Dabei wirft er Fragen nach der Bewahrung des kulturellen Erbes angesichts von Globalisierung, dem Spannungsfeld zwischen Tradition und Modernisierung sowie den Möglichkeiten kulturellen Austauschs und gegenseitiger Beeinflussung auf. Durch die Verschmelzung kultureller Themen mit westlichen, kunsthistorischen Referenzen lädt Xie den Betrachter ein, über die komplexe Dynamik zwischen den Kulturen und die sich ständig verändernde Natur der zeitgenössischen Kunst nachzudenken, die sich zuweilen in unerwartete Richtungen entwickelt.

 

Überschneidungen zwischen östlicher und westlicher Kunst existieren seit Jahrhunderten und haben die Entwicklung der Kunst beider Welten maßgeblich beeinflusst. Bedeutende Epochen und Orte solcher Überschneidungen sind beispielsweise die alte Seidenstraße, die islamische Kunst des Mittelalters, die Renaissance in Europa, der Japonismus des 19. Jahrhunderts und nicht zuletzt die moderne und zeitgenössische Kunst. Wie bereits erwähnt, schöpft Xie Lei seine Inspiration aus der Kombination von Elementen des östlichen und des westlichen Kulturerbes. Durch seine Auseinandersetzung mit dem progressiven wie zentralen Konzept der Hybridität in der Kunst geht er jedoch über eine bloße Integration hinaus. Mittels der Kombination dieser Einflüsse schafft er eine zeitgenössische Bildsprache, die die Komplexität und Vielfalt der heutigen Gesellschaft widerspiegelt.

 

Wenn wir die hier gezeigten Werke betrachten, dürfen wir nicht vergessen, dass wir es auch mit einem phänomenologischen Universum zu tun haben. Tauchen wir in dieses Ökosystem der Werke von Xie ein, können wir beobachten, wie sie sich gegenseitig illuminieren, so wie auch von jedem einzelnen Werk Licht auszugehen scheint. Dies erlaubt es uns, einige der Themen, die Xie wirklich bewegen, besser zu verstehen. Betrachten wir einige Bilder genauer: Da ist zunächst „PREDICTION“, ein Bild, das eine offensichtlich schamanistische Szene darstellt. Ein üppiger Wald erstreckt sich hinter einer Feuerstelle, die als mächtiges Werkzeug der Transformation, der Katharsis und als Tor zu einer nicht-materiellen Welt gelesen werden kann. Es ist eine Reise in veränderte Bewusstseinszustände, und die Hand des Schamanen ist durch ein übernatürliches Licht intensiv erleuchtet. Er überträgt seine innere Energie weiter, während er gleichzeitig mit den Kräften der Natur verbunden ist. Dank seiner Spiritualität und Weisheit schwebt eine weitere Person bereits von einem Reich in ein anderes, befreit von den konventionellen Gesetzen der Physik. In diesem Gemälde werden traditionelle Farbkombinationen anderen, unkonventionellen gegenübergestellt. Unterschiedliche Anteile von Grün, Gelb und Orange werden so geschichtet, dass sie Texturen und den Eindruck von Tiefe erzeugen. Für Xie scheinen diese Farben eine besondere Bedeutung zu haben, scheinen Ausdruck des Zusammenspiels von Natur, Spiritualität und menschlichen Empfindungen zu sein. Auch experimentiert er mit Mischtechniken und der Kombination von Texturen, um so zu interessanten Interaktionen von Farbe und Form zu gelangen. Das visuelle Erlebnis ist faszinierend und regt gleichzeitig zum Nachdenken an – es ruft Assoziationen zu der radikal innovativen Musikkomposition „The Rite of Spring“ des russischen Genies Igor Stravinsky hervor. Mit seiner dynamischen, energiegeladenen Komposition evoziert das Gemälde die ungezügelte Energie und die ursprünglichen Rhythmen von Strawinskys bahnbrechender Musik. 

 

Wenden wir uns nun dem Bild „PROTECTION“ zu. Im Zentrum dieses fast monochrom grünen Gruppenporträts steht eine männliche Figur, die zwei Kinder hält, eines auf jeder Seite. Die Gesichter der drei Personen sind bewusst unscharf gehalten, was den Eindruck von Allgegenwärtigkeit und Anonymität vermittelt. Auf diese Weise ermöglicht der Künstler dem Betrachter, seine eigenen Überlegungen und seine eigenen Gefühle auf das Werk zu projizieren. Durch die Verwendung der Farbe Grün werden Bezüge zur Natur und zum Wachstum hergestellt, Symbole für Kontinuität, Harmonie und Befreiung. Die gesamte Beschaffenheit des Bildes ruft ein Gefühl von Ruhe und Gelassenheit hervor. Xie verwendet abwechselnd feine und kräftige Pinselstriche, wodurch ein wirkungsvolles Zusammenspiel von Texturen und optischen Differenzen entsteht, die dem Gemälde Tiefe und Komplexität verleihen. Wir können die verschiedenen Pinselstriche und subtilen Farbunterschiede auch so interpretieren, dass sie verschiedene Formen des Schutzes andeuten, manche zart, andere kraftvoll. Das Gemälde kann somit auch als Symbol für den universellen Instinkt, zukünftige Generationen schützen zu wollen, verstanden werden. All diese Lesarten laden dazu ein, die zahlreichen Bedeutungsebenen zu erforschen, die in Xies Werken zum Ausdruck kommen. Auch dienen sie als Verweise auf die zyklische Natur der Kunst und ihre Fähigkeit, Zeit und Raum zu überwinden.

 

Die Gemälde von Xie Lei sind mitunter sehr schwierig zu interpretieren. Es kann frustrierend sein, ihre versteckte Bedeutung entschlüsseln zu wollen. Wir sollten jedoch nicht vergessen, dass es sich bei Xie Lei um einen visuellen Poeten handelt, der vor allem mit Ambiguität arbeitet, um Bedeutung zu vermitteln. Auf Nachfrage würde er wahrscheinlich antworten, dass seine Bilder nichts Bestimmtes symbolisieren. Was er uns damit zu verstehen geben will, ist, dass ein Bild erst dann wirklich symbolisch ist, wenn es etwas impliziert, das über seine unmittelbare Bedeutung hinausgeht. Es trägt eine umfassendere, unbewusste Absicht in sich, die es unserem Verstand ermöglicht, auch Ideen jenseits der Vernunft zu erforschen. Wichtig bleibt jedoch zu betonen, dass die Bilder und Ideen in seinen Gemälden zweifellos alle in diesem Text erwähnten Aspekte widerspiegeln. Das bedeutet nicht, dass sich seine künstlerische Vision auf diese Phänomene beschränkt. Sie geht über das Offensichtliche hinaus. Denn wenn es um seine Kunst geht, beschränkt sich Xie Lei nicht auf die unmittelbaren Zusammenhänge.

 

 

Text von Christian Dominguez

Ausstellungsansichten