Biographie

Noemi S. Conan (geb. 1987, Polen) lebt und arbeitet derzeit in London. Conan studiert derzeit am Royal College of Drawing, London, studierte zuvor Malerei und Druckgrafik BA (Hons) an der Glasgow School of Art, 2021 und an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in der Klasse von Professor Christoph Ruckhäberle.

 

Conan verwendet folkloristische weibliche Rusalki-Figuren, um "halb erinnerte Ikonen einer postkommunistischen Jugend zu erforschen, in Erinnerung zu rufen und zu teilen". Rusalka sind weibliche Wesen in der slawischen Folklore, die vor dem 19. Jahrhundert nicht als böse galten, sondern als ein Überbleibsel der heidnischen Mythologie zu sehen wa- ren, die man mit Fruchtbarkeit in Verbindung brachte. Seit dem 19. Jahrhundert wurden sie jedoch von den Göttinnen, die sie einst waren, deutlich degradiert und werden nunmehr häufig mit bösartigen und räuberischen Absichten in Verbindung gebracht. Die Legende besagt, dass diese Frauen von den gesellschaftlichen Normen abgewichen sind oder gegen sie verstoßen haben, z. B. durch voreheliche Schwangerschaft, Verlassen des Ehemannes oder Selbstmord, und zu verstoßenen Geistern in einem Fegefeuer geworden sind. Ihre Strafe besteht darin, dass sie in ewiger Jugend miteinander auf der Erde umherwandern, die Menschheit ausplündern und ihre Opfer durch Tanz und Lachen in den Tod und ins Verderben treiben (ein Umstand, den Conan nur schwer als Strafe und nicht als besonders erfolgreiche Abschreckung ansehen kann).

 

Die Hintergrundgeschichte der Rusalki und ihr Sündenfall ist jedoch oft mit Formen der Misshandlung durch Männer verwoben: eine Frau, die aufgrund einer unglücklichen Ehe Selbstmord beging, am Altar sitzen gelassen wurde oder von ihren viel älteren Ehemännern missbraucht und belästigt wurde. Die Zweideutigkeit ihrer schändlichen Natur steht also im Widerspruch zu einer - zumindest aus heutiger Sicht - eher mitfühlende Erzählung. Daneben weisen die Volks- märchen der Rusalki oft einen starken Erlösungsbogen auf, wie etwa in To lubię des polnischen Dichters der Romantik Adam Mickiewicz, wo der Protagonist allein auf dem Land spazieren geht, als er von einer Rusalka angesprochen wird, die ihn unter einer Brücke angreift. Der Dichter befindet sich jedoch in einem so unwohlen Zustand, dass ihn das Er- eignis erregt und die Rusalka so verwirrt und geschmeichelt ist, dass sie beschließt, ihn nicht zu töten, was wiederum ihre eigene Erlösung und den Aufstieg in den Himmel ermöglicht.

 

Dieser folkloristische Hintergrund von Conans Arbeit wird durch ihre frühen Erinnerungen an postsowjetische Sexar- beiterinnen überlagert, die in ihrer Nachbarschaft auftauchten und die sie damals mit ihren glamourösen, freizügigen Outfits, Lederstiefeln und ihrem kompromisslosen Auftreten für Rusalki hielt. Die Kombination von Einflüssen schafft eine bildliche Manifestation des Stils der modernen, unverfrorenen Frau. Wie Conan sagt:

 

"Die Frauen, die ich male - irgendwo zwischen Girlboss und stachanowitischer Arbeiterin mit einer Prise slawi- scher Folklore als Würze - konfrontieren den Betrachter und halten sich kühl zurück, um nicht an irgendwelche Empfindlichkeiten zu appellieren. Sie geben keine Erklärungen ab, kein tröstendes Lächeln - das kostet extra, und das kann man sich nicht leisten. Der Kundenservice muss erst noch erfunden werden, und niemand hat es eilig, belästigt auszusehen. Eine Geschichte von Zigarettenpausen, Sonnenbrand und unangemessener Klei- dung zwischen einem Straßenrand und einem Urwald. Sammlerinnen in Polyester, Plastikmüll, blinkende Rück- lichter. Langeweile als Revolution. Die Länder des alten Ostblocks als Randgebiete, heimgesucht von moder- nen wilden Frauen. Wilde Weiblichkeit, verstörendes Desinteresse. Gespenstische Waldgeister. Die sozialen Ränder in ihrer vollen monumentalen Raserei, überlebensgroß und niemanden verschonend. Aggressive Pas- sivität und gewalttätiges Ausweichen".

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